TNM-Klassifikation - wir klären auf
Von Joachim Horcher
Die TNM-Klassifikation, auch TNM-Schema oder TNM-System genannt, ist eine standardisierte einheitliche Beschreibung zur Einschätzung und Beurteilung von Tumorerkrankungen. Sie soll dem Behandler einen schnellen Einblick in das Ausmaß einer Tumorerkrankung bieten, um eine sachgerechte Therapieplanung vornehmen zu können. Außerdem wird der Informationsaustausch zwischen den Behandlern (Ärzten, Kliniken) erheblich erleichtert und es lassen sich Behandlungsergebnisse und Studiendaten besser miteinander vergleichen. Ebenso wird die Anwendung von Therapieempfehlungen aus den Leitlinien erleichtert.
Man findet die jeweilige TNM-Klassifikation in den Arztbriefen und Patientendaten. Die drei Buchstaben T, N und M beziehen sich auf
- T = Größe und Ausbreitung des Tumors,
- N = (=Nodus) = Befall von benachbarten Lymphknoten mit Krebszellen sowie
- M = Fern- bzw. Organmetastasen,
wobei durch diesen Buchstaben nachgestellte Ziffern eine genaue Spezifizierung vorgenommen wird. Die nachfolgende auf das Pankreaskarzinom bezogene Tabelle soll das veranschaulichen.
Erläuterungen zur nebenstehenden Tabelle:
Tis = Tumor an Ort und Stelle. Es handelt sich um eine Krebs-Frühform, die noch nicht in das Nachbargewebe eingewachsen ist.
Die oben nicht angegebene Bezeichnung T0 (=kein Tumor sichtbar) findet sich z. B., wenn nach vorausgegangener erfolgreicher Behandlung der Primärtumor nicht mehr sichtbar ist.
Die Bezeichnung „X“ bedeutet, dass keine Angaben möglich sind, während die Bezeichnung „0“ bedeutet, dass kein Nachweis vorliegt. Die Bezeichnung „MX“ wird mittlerweile nicht mehr verwendet. Meist, z. B. nach einer Operation, wird die Bezeichnung „N“ noch weiter spezifiziert. So bedeutet N1(3/12), dass von 12 Lymphknoten 3 mit Krebszellen befallen waren.
Durch vorangestellte kleine Buchstaben kann angegeben werden, bei welcher Untersuchung dieser Befund festgestellt worden ist. Dabei bedeutet das
- „c“ die Feststellung durch klinische Untersuchungen,
- „p“ die Feststellung durch eine pathologische Untersuchung,
- „u“ die Feststellung durch Ultraschall, z. B. eine Endosonographie,
- „y“ einen Zustand nach vorangegangener Therapie (z. B. wenn einer Operation eine Strahlen- oder Chemotherapie vorausgegangen ist) und das
- „r“ die Feststellung beim Rezidiv bzw. Rückfall.
So würde beispielsweise ypT1N0M0 bedeuten, dass bei der Operation nach einer vorherigen Chemo nur noch ein kleiner Tumor gefunden wurde, die Lymphknoten nicht befallen waren und auch keine Fernmetastasen vorlagen. Die klinische und die postoperative bzw. pathologische Untersuchung ergänzen einander, wobei der pathologischen Klassifikation regelmäßig eine höhere Zuverlässigkeit zukommt. Durch Zusatzangaben, die durch Großbuchstaben und nachgestellte Ziffern dargestellt werden, wird der Informationsgehalt der TNM-Klassifikation erweitert. Sie bedeuten: „L“ = Befall von Lymphbahnen mit Krebszellen mit L0 (kein Befall) und L1 (Befall), „V“ = Invasion von Venen mit Krebszellen mit V0 (kein Befall) und V1,V2 (Befall), „Pn“ = perineurale Invasion (Befall von Nervengewebe) mit Pn0 (kein Befall) und Pn1 (Befall). Um einer Verwechslungsgefahr vorzubeugen, ist darauf hinzuweisen, dass die TNM-Klassifikation unterscheidet zwischen Lymphknoten (Buchstabe N) und Lymphbahnen (Buchstabe L). Ob nach einer Operation der Tumor vollständig entfernt oder restliches Tumorgewebe zurückgeblieben ist, wird mit „R“ bezeichnet (R = Residualtumor (Resttumor)). Dabei bedeuten R0 = kein Tumorgewebe und R1 bzw. R2 = Tumorreste verblieben (R1 = mikroskopisch nachgewiesen, R2 = sichtbar). Mit dem Buchstaben „G“ (Grading) wird die Differenziertheit bzw. Bösartigkeit von Tumorgewebe in den Stufen 1 bis 4 aufsteigend bezeichnet. G1 wäre dann weitgehend normales Gewebe, gut differenziert, G4 undifferenziert, schlecht entwickelt. Für manche Tumorarten (z. B. Hirntumoren, Hautkrebs) ist die TNM-Klassifikation und auch das Grading nicht sinnvoll. So wird beim Prostatakarzinom der Gleason-Score verwendet.
In Arztbriefen findet man neben der TNM-Klassifikation auch meist die Stadieneinteilung nach UICC. Die TNM-Klassifikation ist auch die Grundlage für die internationale Einteilung nach UICC einer Tumorerkrankung in verschiedene Stadien, wobei das Stadium I die geringste, das Stadium IV die fortgeschrittenste Tumorausbreitung bedeutet (aufsteigend von I bis IV). Diese Stadieneinteilung geschieht nach nebenstehender Tabelle.
Quelle Tabelle 1 und 2: nach Prof. Seufferlein u. Dr. Ettrich