Bauchspeicheldrüse-Info

Immunsystem hat nicht pauschal "versagt"

Die richtige Ernährung ist nicht der einzige Faktor, sein Immunsystem selbst zu beeinflussen

Nachdem wir bereits im Magazin 19 über das umfangreiche Thema Immunsystem geschrieben haben, folgt jetzt der zweite Teil.
Wie bereits im ersten Teil angesprochen, spielt das Immunsystem nicht nur bei der Abwehr von Infektionen eine wichtige Rolle, sondern auch bei der Bekämpfung von Krebszellen.

Was sind Krebszellen?

Jeder von uns trägt Zellen in sich, die sich jederzeit durch unkontrolliertes Wachstum und veränderte Funktionen zu einer Krebszelle entwickeln können und dadurch unseren Körper schädigen. Es kann jede Art von Krebs entstehen und unser bisheriges Leben verändern oder gar die Lebenserwartung deutlich verkürzen.

Wie kommt es zur Entstehung von Krebszellen?

Die meisten Krebszellen entstehen durch Schäden am Erbmaterial oder Fehler beim Ablesen der Erbinfor- mationen. Diese führen zu Änderungen der Zellbiologie, die Zellen „entarten“: Zellen wachsen und teilen sich unkontrolliert, wenn sie es eigentlich nicht sollten und sterben nicht, wenn sie normalerweise absterben sollten. Sie können ihre normale Funktion verlieren und ihren angestammten Platz im Gewebe verlassen.

Wodurch werden solche Fehler und Schäden ausgelöst?

Es gibt Faktoren, die Krebs auslösen oder zumindest begünstigen können. Alkohol, Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, Ernährung, chronische Entzündungen sowie Einflüsse durch Alterungsprozesse (Zunahme von Fehlern z. B. bei automatischen Reparaturmechanismen) sind Faktoren, die ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Krebsentstehung spielen. Weiterhin können manche     chemischen Substanzen, Strahlung oder auch Krankheitserreger (Bakterien, Viren) die Entstehung von Krebszellen begünstigen.
Diese Krebsauslöser bewirken in der Regel Fehler am oder im Erbmaterial von Zellen. Manche Menschen können von ihren Eltern Erbgutveränderungen zur Krebsentstehung übernommen haben, dies könnte ein erhöhtes Krebsrisiko darstellen. Der Zufall könnte ebenfalls eine Rolle spielen: Zellteilungen können zu Fehlern in der Erbinformation führen ohne die Einwirkung erkennbarer und äußerer Risikofaktoren.
Auch beim normalen Zellstoff- wechsel entstehen Stoffe, die Schäden an der Erbsubstanz verur- sachen. Bei einzelnen Menschen lässt sich im Nachhinein praktisch nicht feststellen, was genau die Ursache für die Krebserkrankung war. Andererseits gilt auch: Nicht jeder, der bekannten Risikofaktoren ausgesetzt ist, erkrankt automatisch an Krebs.

Welche Tumoren gibt es?

Je nach Abstammung gibt es sogenannte „solide“ Tumore, die aus einem Gewebeverband stammen und eine deutliche Begrenzung haben (Karzinome, Sarkome und Blastome). Die sogenannten „systemischen“ Krebserkrankungen betreffen den ganzen Körper, wie z. B. bösartige Erkrankungen des Immunsystems (Lymphome, Leukämien).
Bei der Erkennung von Tumorzellen steht das Immunsystem vor einer schwierigen Aufgabe: Krebszellen sind eben keine „fremden Eindringlinge“, sondern körpereigene Zellen und sollten daher normalerweise nicht angegriffen werden.
Im Vergleich zu gesunden Zellen tragen Tumorzellen allerdings mehr  oder weniger große Veränderungen auf der Zelloberfläche, die sogenannten „Tumorantigene“. Daher ist das Immunsystem eigentlich in der Lage, solche „kranken“ Zellen zu erkennen und zu vernichten. Das passiert bei gesunden Menschen auch regelmäßig - ohne dass man etwas davon merkt.

Wie funktioniert das?

Vor allem die T-Zellen und insbesondere die zytotoxischen und regulatorischen T-Zell-Untergruppen sind die Hauptakteure zur Krebsbekämpfung. Diese müssen zum einen „Fremd-Selbst“ und zum anderen „Gesund-Entartet“ unterscheiden können. Körpereigene Strukturen erkennt das Immunsystem am Vorhandensein eines Proteinkomplexes auf der Zelloberfläche, dem sogenannten „Haupthistokompatibilitätskomplex“ (englisch MHC=Major Histocom- patibility Komplex). Ähnlich wie bei der Bekämpfung von fremden Eindringlingen werden von den dritischen Zellen die fremden oder in unserem Fall die tumorspezifischen Antigene so den T-Zellen präsentiert, dass diese scharf geschaltet werden.

Zur endgültigen Zerstörung der Krebszellen benötigen die T-Zellen zwei weitere Bedingungen, um nicht aus Versehen eine gesunde Zelle zu vernichten: Das Tumorantigen muss zusammen mit dem MHC-Komplex präsentiert und weiter müssen sogenannte „ko-stimulatorische“ (gemeinsam anregende) Oberflächenmoleküle aktiviert werden. Fehlt der Tumorzelle der MHC-Komplex oder es fehlen die ko-stimulatorischen Faktoren, dann wird die Tumorzelle für die T-Zelle unsichtbar und entgeht der Attacke. Eine weitere Verstärkung der Immunantwort stellen die B-Zellen mittels der Herstellung von spezifischen Antikörpern zur Verfügung, die den Tumor markieren und so für andere Immunzellen schneller und besser sichtbar machen. Auch das unspezifische, angeborene Immunsystem z. B. mit den natürlichen Killerzellen ist beteiligt.

Krebszellen entwickeln Ausweich­strategien

Insgesamt ist die Krebsbekämpfung durch das eigene Immunsystem sehr komplex und mit vielen Sicherheitsprüfungen zur Fehlervermeidung versehen. Dies nutzen die Krebszellen leider aus und entwickeln Ausweichstrategien gegen eine Immunantwort: z. B. indem sie sich „unsichtbar“ für das Immunsystem machen (keine Freisetzung von Tumorantigenen, kein MHC-Komplex) oder indem sie die Immunreaktion hemmen (keine ko-stimulatorischen Signale). So können sie der Immunabwehr entkommen. Das ist natürlich ein Problem, und genau darauf zielen viele neue Forschungsansätze in der Krebsbehandlung ab: Die Immuntherapie. Näheres im nächsten Magazin, Teil 3.

Wichtig für Betroffene ist: Das Immunsystem hat nicht pauschal „versagt“, wenn Krebs entsteht. Es ist auch nicht unbedingt zu geschwächt, um den Tumor bekämpfen zu können. Deshalb ist es in den allermeisten Fällen weder notwendig noch möglich, das Immunsystem ungezielt zu stimulieren, um Krebs zu bekämpfen. Es gibt allerdings Ausnahmen wie spezielle Behandlungen (Chemotherapie, Transplantation) oder Krankheiten (Immundefekte, manche chronische Erkrankung), die zu einer deutlich verminderten Leistung des Immunsystems führen. Hier können nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt sogenannte „Immun-Stimulantien“ und andere Maßnahmen sinnvoll sein.

Deshalb ist nach meiner Meinung die Frage völlig unsinnig: Warum habe ich Krebs und wodurch habe ich Krebs bekommen? Krebs entsteht durch viele Faktoren und kann jeden treffen. Wir wissen, es gab Menschen, die haben geraucht ohne Ende oder Alkohol getrunken bis zum Abwinken. Nicht jeder von ihnen bekam Krebs. Genauso gab es Menschen, die nie geraucht und nie einen Tropfen Alkohol getrunken und trotzdem Krebs bekommen haben. Hier sollte man nicht von Schuld, sondern eher von Schicksal sprechen.

 

Kann man sein Immunsystem selbst beeinflussen?

Das Immunsystem ist auch abhängig vom Allgemeinzustand, insbesondere von einer ausgewogenen, vitaminreichen Ernährung. Ist jemand beispielsweise stark unterernährt, stehen dem Körper nicht genügend Ressourcen für eine ausreichende Immunantwort zur Verfügung, also z. B. Proteine für die Produktion vieler Immunzellen, Antikörper und Immunmediatoren. Studien zeigen, dass auch ausreichend Bewegung und Schlaf das Immunsystem positiv beeinflussen können.

Katharina Stang / Mechthild Maiß

Quellenangabe:
Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum: www.krebsinformationsdienst.de
Buch „Krieg in unserem Körper“ von Gabriele Kautzmann

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