Bauchspeicheldrüse-Info

Exokrine Pankreas­insuffizienz (EPI) oder Reizdarm (RDS)?

Seit Jahren setze ich mich für Betroffene mit Bauchspeicheldrüsenerkrankungen, insbesondere Bauchspeicheldrüsenkrebs, ein, indem ich sie berate, betreue und begleite.  Dabei berichten sie über eigene Erfahrungen, Erlebnisse und Enttäuschungen, zum Beispiel, wenn die Untersuchungsergebnisse nach wiederholten Notfall-Aufnahmen in der Klinik keine eindeutige Diagnose zulassen - und am Ende steht dort eventuell „Reizdarm“.

Wer sich intensiver mit Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse befasst, begegnet früher oder später unweigerlich diesem Thema. Die Symptome eines Reizdarms sind beispielsweise denen einer akuten oder chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung sehr ähnlich. Betroffene leiden in beiden Fällen häufig und massiv unter Blähungen, Bauchschmerzen, Koliken, Durchfällen und Gewichtsabnahme. Dabei muss man die Frage stellen: Was sind die Unterschiede, die Hinweise für die richtige Diagnose liefern können? Neben Bauchspeicheldrüsenentzündung und Reizdarm kommen weitere mögliche Ursachen für solche Magen-Darm-Symptome in Betracht, die mittels Differential-Diagnostik aufgespürt werden. Aufgrund der Komplexität und individueller Besonderheiten kann das manchmal ein langer Weg sein.

Häufig sind wir mit Fragen von Betroffenen konfrontiert, die teilweise eine regelrechte Ärzte-Odyssee hinter sich haben und trotz vielfältiger Therapien nach wie vor unter anhaltend wiederkehrenden und schmerzhaften Durchfällen und Blähungen leiden. Oft fällt in diesem Zusammenhang das Wort Reizdarm. Da solchen Magen-Darm-Symptomen jedoch auch ganz andere Auslöser zugrunde liegen können, möchten wir uns der Frage widmen, welches häufige Ursachen sind und was Betroffene tun können. Soviel vorab: Bei anhaltend wiederkehrenden Durchfällen unbedingt einen Arzt aufsuchen.

Was sind die Ursachen von wieder­kehrenden Durch­fällen? Wann spricht man von einem Reiz­darm?

Ursachen von chronischen Durchfällen über viele Wochen hinweg gibt es viele: von chronischen Darmerkrankungen, Nebenwirkungen von Medikamenten, organischen Ursachen bis hin zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Das erschwert eine schnelle und sichere Diagnose. Dazu gehört auch das Reizdarmsyndrom (RDS).
Nach der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) ist das RDS definiert durch Darmbeschwerden, die länger als drei Monate andauern, mit Unregelmäßigkeiten im Stuhlgang bzw. Stuhlgangsveränderungen und die Lebensqualität der Betroffenen muss dabei stark eingeschränkt sein. Typische Symptome können sein: Schmerzen, Blähungen, Stuhlunregelmäßigkeiten, Durchfall und/ oder Verstopfung. Das RDS hat in den letzten Jahren mit einem Auftreten bei 6 bis 25 Prozent der Bevölkerung einen regelrechten „Diagnose-Boom“ erlebt, Frauen sind häufiger davon betroffen als Männer. Das RDS gehört zu den funktionellen Magen-Darm-Beschwerden, dessen Ursachen immer noch nicht eindeutig geklärt sind. Entsprechend schwierig ist es, dieses zu diagnostizieren.
Psychische Einflüsse wie Stress, Angst und Nervosität, aber auch Störungen des Darmnervensystems, die mit erhöhten Darmbewegungen einhergehen, können eine Rolle spielen. Zudem wird eine Entstehung nach bakteriellen oder viralen Entzündungen der Darmschleimhaut diskutiert, wobei Störungen der Darmbarrierefunktion („Leaky Gut“) ebenfalls bei der Entstehung von RDS entscheidend sein können.
Steht das Symptom „Durchfall“ im Vordergrund, spricht man vom diarrhödominanten Typ, bei Verstopfungen vom Obstipations-Typ.

Viele Symptome eines RDS gleichen der einer Pankreasschwäche (exokrine Pankreasinsuffizienz, EPI), bei der nicht ausreichend Verdauungsenzyme produziert werden können. Die infolgedessen unverdaute Nahrung löst somit Darmbeschwerden, Durchfall und Schmerzen aus. Daher sollte auch die EPI unbedingt durch einen Arzt von einem RDS abgegrenzt werden.

EPI oder Reizdarm­syndrom? Fett im Stuhl macht den Unterschied.

Das Reizdarmsyndrom ist eine Ausschlussdiagnose, d. h. Erkrankungen, die ähnliche Beschwerden verursachen, müssen vom Arzt ausgeschlossen werden. Spricht eine ausführliche Anamnese (Krankheitsgeschichte) sowie die körperliche Untersuchung für ein RDS, ist eine Basisdiagnostik mit Routinelabor und Ultraschall des Bauchraums erforderlich. Kann der Arzt hierbei weitere mögliche Ursachen wie krankhafte Keime, Nahrungsmittelintoleranz, Gallensäureverlustsyndrom oder Leaky-Gut-Syndrom ausschließen, wird die Diagnose RDS immer wahrscheinlicher.

Unterscheiden sich Geruch, Aussehen und Beschaffenheit des Stuhls von „normalem“ Durchfall, muss Fett im Stuhl als möglicher Durchfallauslöser abgeklärt werden. Denn bei Störungen der exokrinen Pankreasinsuffizienz ist das Leitsymptom ebenfalls wiederkehrender Durchfall.

Beim EPI-typischen Durchfall, der auch als Fettstuhl bzw. Steatorrhoe bezeichnet wird, werden Nahrungsfette aufgrund des Verdauungsenzymmangels (Lipase) der Bauchspeicheldrüse unverdaut ausgeschieden. Deshalb ist der Durchfall hell, schmierig und übelriechend und lässt sich nur schwer hinunterspülen. Zur Beurteilung des Stuhls können Antworten auf Fragen wie „Klebt der Stuhl? Glänzt er? Riecht er stark faulig? Sind Fettaugen im Toilettenwasser sichtbar?“ hilfreich sein.

Lautet die Antwort auf einige dieser Fragen „Ja“, ist das zwar noch kein Nachweis für das Vorliegen einer EPI, jedoch ein wichtiger Hinweis auf einen EPI-bedingten Fettstuhl. Sie sollten Ihre Beobachtungen dann unbedingt mit dem Arzt besprechen. In der Regel erfolgt die Diagnose einer EPI mittels Stuhlanalyse aufgrund einer erniedrigten Pankreas-Elastase 1, ein Marker für die Funktionsfähigkeit dess Pankreas. Laut Definition liegt eine EPI vor, wenn die Laboruntersuchungen (Elastase-Test) zeigen, dass der Stuhl weniger als 200 µg Pankreas-Elastase 1 pro Gramm Stuhl enthält. Werte zwischen 100 und 200 µg / g stellen eine leichte bis mäßige EPI dar, unter 100 µg / g eine schwere.

Einige Ärzte weisen jedoch darauf hin, dass diese Richtwerte individuell unterschiedlich sein können und ziehen auch bei Werten über 200 µg/g eine EPI in Betracht. Auch die Menge an ausgeschiedenem Fett (> 7 g/24 Stunden) gibt Rück- schlüsse auf einen EPI-bedingten Fettstuhl. Zudem kann ein Gewichtsverlust bei Betroffenen auf eine EPI hindeuten, allerdings nur bei schweren Verlaufsformen. Nicht zuletzt können Risikofaktoren für eine EPI - beispielsweise Diabetes, Alkoholismus und Rauchen - ein weiterer Hinweis darauf sein, dass dem Durchfall kein Reizdarm, sondern möglicherweise eine EPI zugrunde liegt.

Behandlung der exokrinen Pankreasinsuffizienz: Enzymersatz

Bei einer EPI empfehlen Ärzte eine Kombination aus leichter Vollkost (keine fettarme Diät), um den Körper ausreichend mit Nährstoffen, Vitaminen und Spurenelementen zu versorgen und den Energiebedarf zu decken in Verbindung mit einer Enzymersatztherapie (Standard-   therapie). Verdauungsenzyme sind lebensnotwendig: Wenn der Körper zu wenig oder gar keine Verdauungsenzyme mehr selbst produziert, so müssen sie von außen zugeführt werden. Ziele der Einnahme sind Besserung der Beschwerden, Gewichtszunahme sowie Verminderung der Fettausscheidung über den Stuhl.

Es gibt Verdauungsenzymersatz aus Schweinepankreas(Pankreatin) und aus Reispilzen (Rizoenzyme). Die Entscheidung, welches Präparat eingenommen wird, sollten die Betroffenen mit ihrem Arzt besprechen. Beide haben ihren Stellenwert und werden, wenn sie erforderlich sind, verschrieben und von den Kassen erstattet. Entscheidend für den Erfolg der Behandlung ist eine ausreichende und richtige Einnahme. Dabei ist wichtig zu wissen, dass Pankreatin und Rizoenzyme unterschiedlich dosiert werden. Die jeweiligen  Patienteninformationen geben Aufschluss.

Was tun bei Reizdarm-Diagnose?

Für Reizdarm-Betroffene gibt es keinen allgemeingültigen Behandlungsansatz. Je nach Auslöser und Symptomen müssen für jeden Betroffenen ganz individuelle Therapien durchgeführt werden. Häufig empfohlen werden beispielsweise diätische Maßnahmen, Entspannungstechniken, gegebenenfalls auch Antidepressiva sowie Psychotherapie und nicht zuletzt medikamentöse-pflanzliche Behandlungsoptionen.

Beim Diarrhödominanten Typ werden oftmals wasserbindende Ballaststoffe, Mobilitätshemmer zur Herabsetzung der Darmtätigkeit, Probiotika mit positiven Eigenschaften für die Darmflora und aus dem Bereich Phytotherapie Heilpflanzen angewandt, z. B. Pfefferminze, Flohsamen, Blutwurz, Heidelbeermuttersaft sowie Kombinationen verschiedener Heilpflanzen wie beispielsweise Myrrhe, Kaffeekohle und Kamille.

Alle Behandlungsoptionen müssen unbedingt mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.

Katharina Stang

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